Das Problem
Mehr als 26 Millionen Menschen in der Bundesrepublik, knapp ein Drittel der Bevölkerung, gehören keiner Konfession an. Die große Mehrheit von ihnen ist nicht religiös. In Großstädten – in den alten wie in den neuen Bundesländern – ist ihr Anteil regelmäßig erheblich höher, die Hälfte der Bevölkerung oder mehr ist dort konfessionsfrei. Doch wer nicht Mitglied in einer Kirche oder anderen traditionellen religiösen Glaubensgemeinschaft ist, hat oftmals die schlechteren Karten: auf dem Arbeitsmarkt, im Bildungssystem, in der Politik, in den Medien und in der öffentlichen Wahrnehmung.
Eine Ursache dafür, dass kirchenferne Menschen in der Bundesrepublik bis heute Bürger zweiter Klasse sind: Das Recht für die Religionen und Weltanschauungen in Deutschland wurde in seinen wesentlichen Zügen aus der Weimarer Reichsverfassung übernommen. Zwar kennt das Grundgesetz die formale Gleichstellung von Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften, faktisch aber orientieren sich die Gesetze bzw. deren Anwendung oftmals am Muster der Kirche. Bürgerinnen und Bürger, die nicht als Kirche organisiert sind und Organisationen, die nicht in der Rechtsform der Körperschaft existieren, erscheinen rechtlich und auch faktisch als Religion bzw. Weltanschauung zweiter Klasse. Die ‚Kirche‘ gilt in Recht und Politik noch immer als die normsetzende Form. Alle anders organisierten Religionen und Weltanschauungen werden daher strukturell benachteiligt.
Um das Wissen über die vielfältigen und teils gravierenden Formen der Diskriminierung nichtgläubiger Menschen zu verbessern, ist der Bericht Gläserne Wände entstanden. Die kompakte Broschüre beschreibt auf knapp 100 Seiten, in welchen Bereichen Bürgerinnen und Bürger ohne religiöses Bekenntnis benachteiligt werden und verweist auf aktuelle Konfliktfelder. Zusätzlich erläutert der Bericht politische und rechtliche Hintergründe des Status quo und nennt Fallbeispiele. Ergänzt werden die Darstellungen durch Vorschläge, wie die Politik Benachteiligungen abbauen könnte, einschließlich einer Auswahl von „Best-Practice“-Lösungen in anderen europäischen Staaten.